Grundlagen der Therapie

Auf den nachfolgenden Seiten erfahren Sie mehr über die Mikrobiota, deren Zusammensetzung und klinische Bedeutung.

Was versteht man unter dem Begriff Mikrobiom und Mikrobiota?

Die Gesamtheit aller Erreger im menschlichen Körper oder in einem Kompartiment wird als Mikrobiota bezeichnet. Hierzu zählen Bakterien, Viren, Phagen, Pilze und andere Mikroorganismen.

Dagegen versteht man unter dem Begriff Mikrobiom die Gesamtheit aller Gene der Erreger, die im menschlichen Körper oder einem Kompartiment des Körpers (z.B. Darm) nachweisbar sind.

Warum kann die Mikrobiota als eine Art eigenständiges „Organ“ angesehen werden?

Insgesamt finden sich im Darm des Menschen über 100 Billionen Bakterien. Die Bakterien lagern sich im Darm zu einem Biofilm zusammen und bedecken die Schleimhäute.

Diese Bakterien und Mikroorganismen produzieren 100-mal mehr Stoffe/Metabolite als der menschliche Körper selbst und gehen teilweise in den Kreislauf über. Mit etwa 1000 Keimen pro Gramm Stuhl findet sich im Dickdarm die dichteste bakterielle Besiedlung im menschlichen Körper.

Die menschliche Mikrobiota verfügt über 300-mal mehr Gene, als der Mensch an Genen besitzt. Bei der Geburt vererben die Menschen nicht nur ihre Gene an die Nachkommen, sondern auch die Gene der Darmflora. Schon mit der Geburt erfolgt damit eine Besiedlung des menschlichen Körpers, insbesondere des Magen-Darm-Traktes mit Mikroorganismen, die denen der mütterlichen Darmflora ähneln. Die bakterielle Vielfalt der intestinalen Mikrobiota steigt in den ersten 5 Lebensjahren kontinuierlich an, bis zur Pubertät konsolidiert sie sich und erreicht im Erwachsenenalter eine relative Stabilität.

Welche Faktoren beeinflussen die Zusammensetzung der Mikrobiota?

Bereits in der Perinatalphase wird ein wesentlicher Grundstein für ein gesundes Mikrobiom gelegt. Geburtszeitpunkt, Geburtsmodus (natürliche Geburt versus Kaiserschnitt) und Stilldauer beeinflussen wesentlich die Zusammensetzung der menschlichen Mikrobiota.

Im Verlauf der Entwicklung stellt speziell die Ernährung eine wesentliche Stellgröße für die Entwicklung des Mikrobioms dar. Des Weiteren spielen Faktoren wie Medikamente, insbesondere Antibiotika, ein gesunder Schlaf und sportliche Aktivität für die Entwicklung guter Mikrobiota eine wesentliche Rolle.

Eine gesunde Ernährung mit reichlich pflanzlicher Kost, Gemüse, Hülsenfrüchten und fermentierten Produkten wirkt sich förderlich auf eine hohe Diversität der Mikrobiota aus. Dagegen sind Essgewohnheiten, die denen der industrialisierten Länder entsprechen (der sogenannten „Western Diät“) und einen hohen Zucker- und Fettgehalt sowie wenig Ballaststoffe aufweisen, von Nachteil für die Zusammensetzung unserer Mikrobiota. Auch Konservierungsmittel, Farbstoffe und Emulgatoren können einen negativen Einfluss auf die Zusammensetzung unserer Mikrobiota haben.

Warum ist eine hohe Diversität der Mikrobiota von Vorteil?

Unter Diversität versteht man die Vielfalt der Mikrobiota in einem Organismus oder Kompartiment. Grundsätzlich gilt hier, je bunter die Mikrobiota, desto besser ist das für den Organismus.
Besonders wichtig ist dabei, die Diversität von protektiven, also schützenden Bakterien, die die Ansiedlung pathogener Bakterien verhindern. Zu diesen schützenden Bakterien zählen Bakterien der Gattung, wie Lactobacillus, Bifidobakterien, einzelne Bakterienstämme, wie Akkermansien oder wiederum einzelne Bakterien, wie Faecalibacterium prausnitzii.

Die Darmgesundheit ist ein wesentlicher Faktor für unser allgemeines Wohlbefinden.

Bakterien produzieren sogenannte kurzzeitige Fettsäuren (SCFAs) wie Essigsäure, Buttersäure und Propionsäure, die als Energiequelle für die Schleimhautepithelien dienen und diese schützen. Bakterien unterstützen das Immunsystem, verdrängen andere pathogene Krankheitserreger und tragen zur Synthese lebenswichtiger Vitamine wie B1, B2, B6, B12 und K bei.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom und Erkrankungen?

Es gibt für viele Erkrankungen eine Korrelation zu einem gestörten Mikrobiom, eindeutig kausale Zusammenhänge sind jedoch selten zu belegen. Zu den Erkrankungen, die wahrscheinlich mit einer gestörten Mikrobiota assoziiert sind, gehören das Reizdarmsyndrom, chronische entzündliche Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa und Darmkrebs. Aber auch für weitere Erkrankungen wie Morbus Alzheimer, Multiple Sklerose, rheumatoide Arthritis, Adipositas und Diabetes mellitus sowie psychische und psychiatrische Erkrankungen konnte ein Zusammenhang zur Darmflora hergestellt werden.

Gemeinhin sprechen wir von einer Darm-Leber-Achse und einer Darm-Hirn-Achse. Insgesamt sind die Beziehungen zwischen der Mikrobiota und den verschiedensten Organen vielfältig und noch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Tatsächlich haben Forschungsergebnisse bereits Eingang in die klinische Routine genommen. Dieses lässt sich wunderbar an dem Beispiel der Checkpoint Inhibitoren belegen, Medikamente für deren Entwicklung 2018 der Nobelpreis verliehen wurde. Diese Checkpoint-Inhibitoren verändern das Immunsystem und bekämpfen damit wirksam Tumore.

Auch bei Patienten mit Colitis ulcerosa und Morbus Crohn scheint ein Stuhltransfer wirksam zu sein. Üblicherweise erfolgt ein Stuhltransfer über eine Magensonde oder eine Dickdarmspiegelung, mittlerweile kann ein Mikrobiomtransfer auch durch Kapseln zum Schlucken erfolgen.

Die Wirksamkeit dieser Checkpoint Inhibitoren ist aber wesentlich von einer gesunden Mikrobiota abhängig. Ein weiteres Beispiel für die Wirksamkeit von Bakterien stellen Patienten mit einer Infektion mit Clostridioides difficile dar. Patienten mit einer Infektion mit Clostridioides difficile können gemäß Leitlinien mit einem fäkalen Mikrobiomtransfer behandelt werden.

Welche Unterschiede gibt es zu Probiotika?

Probiotika kennen Sie sicher aus der Werbung oder aus dem Supermarkt.

Diese enthalten in der Regel lebensfähige Bakterienkulturen oder Pilze und versprechen eine Verbesserung der Darmflora oder des Immunsystems. Die allermeisten davon (ca. 425) sind keine Arzneimittel, also nicht in vollwertigen Studien geprüft, sondern schlichte Nahrungsergänzungsmittel. Dies bedeutet, dass diese Präparate eine nicht definierte und kontrollierte Menge und Zusammensetzung von Bakterien aufweisen.

Die wenigen Probiotika, die echte Arzneimittel sind, enthalten nur einen Bruchteil des menschlichen Darmmikrobioms. Dies ist der wesentliche Unterschied zu AKTIBIOM™, welches das Darmmikrobiom in seiner gesamten Komplexität abbildet und ein Vielfaches mehr an Bakterien enthält als jedes verfügbare Probiotikum.

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Es vermittelt eine leicht leserliche und sehr aktuelle Übersicht zur Bedeutung des Mikrobioms bei internistischen Erkrankungen.