Als Mikrobiom bezeichnet man die Summe aller Mikroorganismen, die Makroorganismen, wie den menschlichen Organismus, bevölkern. Sie haben einen wesentlichen Einfluss auf den Stoffwechsel, das Immunsystem oder das Hormonsystem. Im menschlichen Körper leben über 100 Billionen von Bakterien. Diese Masse an Bakterien setzt sich aus vielen unterschiedlichen Arten zusammen.
Gemeinsam mit anderen Mikroorganismen wie Viren und Pilzen bilden sie in ihrer Gesamtheit in einem Bereich wie dem Darm die Mikrobiota. Die Gesamtheit aller Gene dieser Erreger wird als intestinales Mikrobiom bezeichnet. Dieses wird wiederum zunehmend als eigenständiger „Superorganismus“ begriffen. Diese Bakterien haben 300 mal mehr Gene als der Mensch und produzieren 100 mal mehr Stoffe als der menschliche Körper, die in den Kreislauf aufgenommen werden.

Mit etwa 1.000 Keimen pro Gramm Stuhl stellt der Dickdarm in der Regel den am dichtesten besiedelten Abschnitt im menschlichen Körper dar. Derzeit schätzen wir, dass circa 1.500 verschiedene Arten von Mikroorganismen den Darm besiedeln und wie einen dichten Rasen die Schleimhäute von Dünn- und Dickdarm bedecken. Während im Mutterleib der Darm noch keimfrei ist, steigt mit der Geburt die bakterielle Vielfalt des intestinalen Mikrobioms bis zum  fünften Lebensjahr steil an. Für die Vielfalt und Zusammensetzung des Mikrobioms spielt es dabei ein große Rolle, ob die Entbindung vaginal erfolgt oder per Kaiserschnitt. Wir vererben eben nicht nur unsere Gene aus den Körperzellen sondern auch die Gene der Bakterien die in uns leben! Die Darmgesundheit der Perinatalphase (von der 28. Schwangerschaftswoche bis zum 7. Lebenstag) hat dabei möglicherweise einen maßgeblichen Einfluss auf unser ganzes restliches Leben.

Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass das Mikrobiom nicht nur für Darmerkrankungen wie Reizdarm, chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder auch Darmkrebs mitverantwortlich ist. Es scheint auch bei der Entstehung von Übergewicht, Lebererkrankungen wie der Ferttleberhepatitis, Rheuma, Morbus Parkinson und der Multiplen Sklerose bis hin zur Arteriosklerose eine Rolle zu spielen. Wir wissen heute, dass bakterielle Nanopartikel aus dem Darm bis in das Gehirn gelangen können. Am Beispiel des Morbus Parkinson lässt sich diese Darm-Hirn Achse besonders schön aufzeigen. Ein Protein namens alpha-Synuclein scheint dabei eine Schlüsselrolle zu spielen. Bei Menschen mit der Parkinsonkrankheit „faltet“ sich das Protein falsch. Das erste fehlgefaltete Protein regt dann weitere Proteine dazu an, ebenfalls eine falsche Faltung einzunehmen, bis sich im Gehirn schädliche Ablagerungen, die sogenannten Lewy-Körperchen bilden. Dieses alpha-Synuclein Protein findet sich aber auch in den Nervenzellen des Darms. Darmbakterien produzieren Proteine, die eine ähnliche Struktur wie das fehlgefaltete alpha-Synuclein aufweisen und könnten damit eine Vorlage für die Fehlfaltung liefern.  Interessanterweise erkranken Menschen nicht an Morbus Parkinson, wenn der Vagusnerv durchtrennt wurde, der Darm und Hirn miteinander verbindet! Ähnlich spannende wissenschaftliche Daten gibt es zur Entstehung und Entwicklung der Multiplen Sklerose, bei der ebenfalls entzündungs-aktive Substanzen aus dem Darm von Bedeutung sind.  Wie Sie sehen, ist ein gesundes Mikrobiom für den Körper ausgesprochen nützlich.

Wer mehr zu diesen Themen erfahren möchte, ist herzlich zum 4. Wuppertaler Mikrobiota Meeting am 12.11.2022 in der Historischen Stadthalle eingeladen. Die Teilnahme an der Veranstaltung unter Leitung von Prof. Dr. A. Erhardt, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und Ernährungsmedizin am Petrus Krankenhaus, ist in Präsenz oder via Zoom möglich. Eine Anmeldung ist über die Webseite des Petrus-Krankenhauses (www.petrus-krankenhaus-wuppertal.de) oder die Webseite der Deutschen Gesellschaft für mukosale Immunologie und Mikrobiom (www.dgmim.de) möglich.